Am 31. Juli 1970 endete eine 315 Jahre alte Tradition in der britischen Royal Navy: Die tägliche Ausgabe von Rum an die Seeleute, auch bekannt als der „Tot“. An diesem Tag, der als Black Tot Day in die Geschichte einging, tranken die Matrosen ihre letzte Ration Rum und verabschiedeten sich von einem Getränk, das lange Zeit ein fester Bestandteil des Seemannslebens war.
Der Rum wurde erstmals 1655 als Ersatz für Bier an Bord britischer Schiffe eingeführt, nachdem Jamaika von den Briten erobert worden war. Der Rum war billiger und haltbarer als Bier und wurde im Laufe der Zeit zu einem beliebten und begehrten Getränk. 1731 wurde der Rum zur offiziellen Bordverpflegung erklärt und jeder Seemann erhielt ein halbes Pint (etwa ein Viertelliter) Rum pro Tag, auf zwei Ausgaben verteilt.
Da der hohe Alkoholgehalt jedoch zu Disziplinproblemen führte, wurde 1740 angeordnet, den Rum nur noch mit Wasser verdünnt auszuteilen, im Verhältnis von vier Teilen Wasser zu einem Teil Rum. Dieses Gemisch wurde „Grog“ genannt, nach dem Spitznamen des Admirals Edward Vernon, der den Befehl dazu gab. Er trug oft einen Mantel aus grobem Stoff (englisch „grogram“), daher der Name „Old Grog“.
Im 19. Jahrhundert änderte sich die Einstellung zum Alkohol an Bord, da die Marine höhere Anforderungen an die Effizienz und Professionalität ihrer Besatzungen stellte. Die Rumration wurde mehrmals reduziert, bis sie schließlich nur noch ein Achtel Pint (71 ml) pro Tag betrug. Offiziere und Unteroffiziere verloren ihren Anspruch auf Rum ganz.
Im 20. Jahrhundert wurde der Rum immer mehr als Relikt einer vergangenen Zeit angesehen, das nicht mehr zu den modernen Schiffen und Systemen passte, mit denen die Seeleute arbeiten mussten. Am 17. Dezember 1969 gab das Admiralty Board bekannt, dass die Rumausgabe „nicht mehr vereinbar mit den hohen Standards der Effizienz ist, die jetzt erforderlich sind“. Nach einer hitzigen Debatte im Parlament wurde beschlossen, die Rumration zum 31. Juli 1970 abzuschaffen.
An diesem Tag fanden auf vielen Schiffen der Royal Navy Trauerfeiern statt, bei denen die Seeleute schwarze Armbinden trugen, ihre Rationen tranken und dann die Gläser und das Rumfass über Bord warfen. Einige feuerten Salutschüsse ab oder spielten Trauermusik. Als Ersatz für den entfallenen Rum erhielten die Seeleute eine zusätzliche Dose Bier pro Tag, was jedoch nicht sehr beliebt war.
Der Black Tot Day wird bis heute von vielen ehemaligen und aktiven Seeleuten der Royal Navy als Gedenktag begangen, an dem sie auf ihre Kameraden und ihre gemeinsame Geschichte anstoßen.

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