Vor 40 Jahren stand die Welt kurz vor einem alles vernichtenden Atomkrieg. Am 26. September 1983 erhielt der sowjetische Offizier Stanislaw Petrow in seinem Bunker bei Moskau eine erschreckende Nachricht: Das satellitengestützte Frühwarnsystem meldete den Start von fünf amerikanischen Interkontinentalraketen, die auf die Sowjetunion zielten. Petrow hatte nur wenige Minuten Zeit, um zu entscheiden, ob er den Alarm an seine Vorgesetzten weiterleiten und damit einen Gegenschlag auslösen sollte.
Er entschied sich jedoch, seinem Instinkt zu folgen und den Alarm als Fehlalarm zu behandeln. Er lag richtig: Es handelte sich um eine Fehlfunktion des Systems, das Sonnenreflexionen in den Wolken als Raketenstarts interpretierte. Petrow verhinderte damit eine nukleare Katastrophe, die Millionen von Menschen das Leben gekostet hätte.
Petrow war damals ein Oberstleutnant der sowjetischen Luftverteidigungsstreitkräfte und der leitende Offizier in der Kommandozentrale des Oko-Systems, das die sowjetischen Frühwarnsatelliten überwachte. Er war für die Überprüfung und Bestätigung der vom System gelieferten Daten verantwortlich. In der Nacht des Vorfalls war er allein in seiner Schicht und musste unter enormem Druck handeln. Er sagte später, dass er mehrere Faktoren berücksichtigte, die ihn an der Glaubwürdigkeit des Alarms zweifeln ließen: Zum einen erschien ihm ein Angriff mit nur fünf Raketen als unlogisch, da die USA über Tausende von Nuklearwaffen verfügten und einen vernichtenden Erstschlag führen würden. Zum anderen gab es keine Bestätigung von anderen Quellen, wie Radarsystemen oder Spionagesatelliten, die den Angriff belegen würden. Außerdem war die politische Situation zwischen den beiden Supermächten nicht so angespannt, dass ein Krieg ausbrechen würde.
Petrow entschied sich daher, den Alarm als falsch zu melden und keine weiteren Maßnahmen zu ergreifen. Er riskierte damit seine Karriere und sein Leben, denn wenn er sich geirrt hätte, wäre er für den Untergang seines Landes verantwortlich gewesen. Er sagte später, dass er keine Heldentat vollbracht habe, sondern nur seinen Dienst getan habe. Er fügte hinzu, dass er froh sei, dass er nie herausfinden musste, was passiert wäre, wenn er anders gehandelt hätte.
Petrows Vorgehen blieb lange Zeit geheim und wurde erst in den 1990er Jahren bekannt, als ein ehemaliger sowjetischer General darüber berichtete. Petrow wurde daraufhin international geehrt und als “der Mann, der die Welt rettete” bezeichnet. Er wurde unter anderem mit dem World Citizen Award, dem Dresden-Preis und dem Future of Life Award ausgezeichnet. Er war auch Gegenstand mehrerer Dokumentarfilme und Bücher, die seine Geschichte erzählten. Petrow starb am 19. Mai 2017 im Alter von 77 Jahren in seinem Haus bei Moskau.

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