Am 29. September 1954 wurde in Genf das Europäische Laboratorium für Kernforschung (CERN) gegründet. Seitdem hat sich das CERN zu einem weltweit führenden Zentrum für Teilchenphysik entwickelt, das mit seinen riesigen Beschleunigern und Detektoren die Geheimnisse der Materie und des Universums erforscht.
Das CERN entstand aus einer Vision von einigen Wissenschaftlern in Europa und Nordamerika, die nach dem Zweiten Weltkrieg ein europäisches Labor für Spitzenforschung schaffen wollten. Sie wollten damit nicht nur den Braindrain nach Amerika stoppen, sondern auch einen Beitrag zur Einheit und zum Frieden in Europa leisten. Die Gründungsmitglieder waren 12 westeuropäische Staaten, die die CERN-Konvention unterzeichneten, in der die Ziele, die Organisation und das Budget des Labors festgelegt wurden. Die Gründerstaaten waren Deutschland, Großbritannien. Frankreich, Italien, Spanien, die Niederlande, die Schweiz, Polen, Belgien, Schweden, Norwegen und Österreich.
Das CERN begann seine Tätigkeit mit einem kleinen Provisorium an der Universität Kopenhagen unter der Leitung von Niels Bohr, bevor es 1955 seinen heutigen Standort in Meyrin bei Genf bezog. Dort wurde der erste Teilchenbeschleuniger, der Synchro-Zyklotron (SC), in Betrieb genommen, der Protonen auf eine Energie von 600 MeV beschleunigte. In den folgenden Jahren baute das CERN weitere Beschleuniger und Experimente auf, die immer höhere Energien und Präzisionen erreichten. Zu den wichtigsten Errungenschaften gehören die Entdeckung der neutralen Ströme (1973), die Bestätigung des Standardmodells der Teilchenphysik (1983), die Erzeugung von Antiwasserstoff (1995), die Entdeckung des Higgs-Bosons (2012) und die Beobachtung von Gravitationswellen (2017).
Das CERN ist auch ein Pionier in der Computertechnik und der wissenschaftlichen Kommunikation. Hier wurde 1989 von Tim Berners-Lee das World Wide Web erfunden, das heute das Internet dominiert. Das CERN betreibt zudem eines der größten Rechenzentren der Welt, das die riesigen Datenmengen aus den Experimenten speichert und analysiert. Das CERN ist auch Teil des weltweiten Grid-Netzwerks, das Rechenressourcen von über 170 Instituten in 42 Ländern verbindet.
Heute umfasst das CERN 23 Mitgliedstaaten und 10 assoziierte Mitgliedstaaten sowie zahlreiche internationale Kooperationen mit anderen Forschungseinrichtungen. Das CERN beschäftigt rund 2600 Mitarbeiter und bietet rund 12400 Gastwissenschaftlern aus über 70 Ländern Zugang zu seinen Anlagen. Das Herzstück des CERN ist der Large Hadron Collider (LHC), der größte und leistungsstärkste Teilchenbeschleuniger der Welt, der Protonen auf eine Energie von bis zu 13 TeV beschleunigt und an vier Punkten zur Kollision bringt. An diesen Punkten befinden sich vier große Detektoren: ATLAS, CMS, ALICE und LHCb, die verschiedene Aspekte der Teilchenkollisionen untersuchen.
Das CERN steht vor großen Herausforderungen und Chancen für die Zukunft. Der LHC wird derzeit für die Hochluminositätsphase vorbereitet, die ab 2027 eine zehnfache Steigerung der Kollisionsrate ermöglichen soll. Damit erhofft man sich, neue Phänomene jenseits des Standardmodells zu entdecken, wie zum Beispiel Dunkle Materie, Supersymmetrie oder Extra-Dimensionen. Außerdem plant das CERN langfristig den Bau eines noch größeren Beschleunigers, den Future Circular Collider (FCC), der einen Umfang von 100 km haben und Protonen auf bis zu 100 TeV beschleunigen könnte.
Das CERN ist ein Symbol für die wissenschaftliche Zusammenarbeit über Grenzen hinweg. Es ist ein Ort, an dem Menschen aus verschiedenen Ländern, Kulturen und Disziplinen gemeinsam an der Grenze des Wissens arbeiten. Es ist ein Ort, an dem Neugier, Kreativität und Innovation gefördert werden. Es ist ein Ort, an dem die Grundlagen unseres Verständnisses von Natur und Kosmos erforscht werden. Das CERN ist ein Labor für die Menschheit.

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