Kalender

19. Januar 1990 – Todestag Herbert Wehner

Am 19. Januar 1990 starb Herbert Wehner, einer der prägendsten Politiker der deutschen Nachkriegsgeschichte.

Am 19. Januar 1990 starb Herbert Wehner, einer der prägendsten Politiker der deutschen Nachkriegsgeschichte. Er war ein Mann der Widersprüche, der vom Kommunisten zum Sozialdemokraten wurde, der die Ostpolitik mitgestaltete und die SPD zu einer Volkspartei machte. Er war auch ein Mann der Leidenschaft, der für seine scharfe Rhetorik und seine unbeugsame Haltung bekannt war. Er hinterließ ein politisches und menschliches Erbe, das bis heute nachwirkt.

Wehner wurde 1906 in Dresden geboren, als Sohn eines Schuhmachers und einer Schneiderin. Er wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf und musste früh zum Unterhalt der Familie beitragen. Er absolvierte eine Ausbildung zum Verwaltungsdienst und eine kaufmännische Lehre, besuchte Abendkurse an der Volkshochschule und engagierte sich politisch in verschiedenen linken Organisationen. Er war zunächst Mitglied der Sozialistischen Arbeiterjugend, dann der Anarchosyndikalisten und schließlich der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD). Er heiratete die Schauspielerin Lotte Loebinger, von der er sich später wieder scheiden ließ.

Als KPD-Funktionär war Wehner in Sachsen aktiv, wo er 1930 in den Landtag gewählt wurde. Er stieg im Exil zum Mitglied des Zentralkomitees der KPD auf und organisierte den Widerstand gegen das NS-Regime. Er lebte in Prag, Paris und Moskau, wo er den stalinistischen Säuberungen ausgesetzt war. Er wurde nach Schweden geschickt, um die kommunistische Partei in Deutschland wieder aufzubauen, wurde aber 1942 verhaftet und verbrachte den Rest des Krieges in einem schwedischen Gefängnis. In dieser Zeit wurde er aus der KPD ausgeschlossen, weil er sich dem Parteiauftrag entzogen haben soll.

Nach dem Krieg kehrte Wehner nach Deutschland zurück und trat der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) bei. Er wurde zu einem der führenden Mitglieder der Partei und war von 1949 bis 1983 ununterbrochen im Bundestag vertreten. Er war zunächst Vorsitzender des Ausschusses für gesamtdeutsche Fragen, dann stellvertretender Partei- und Fraktionsvorsitzender. Er unterstützte den Reformkurs der SPD, der sich für die Westintegration, die Marktwirtschaft und die Bundeswehr aussprach. Er war auch einer der Architekten der Ostpolitik, die auf eine Entspannung der Beziehungen zu den kommunistischen Staaten zielte. Er war von 1966 bis 1969 Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen in der Großen Koalition und verhandelte unter anderem den Grundlagenvertrag mit der DDR.

Von 1969 bis 1983 führte Wehner die SPD-Bundestagsfraktion und zählte zu den einflussreichsten Politikern der Bundesrepublik. Als enger Vertrauter Willy Brandts bewegte er diesen 1974 zum Rücktritt, nachdem ein DDR-Spion in dessen Umfeld enttarnt worden war. Gleichzeitig war er ein loyaler Unterstützer Helmut Schmidts, den er 1982 trotz erheblicher Widerstände in der SPD zum Bruch mit der FDP und damit zum Ende der sozialliberalen Koalition drängte. Gegen Helmut Kohl hingegen trat er als unerbittlicher Gegner auf und verspottete ihn als „Birne“. Innerhalb der SPD galt Wehner als strenger Zuchtmeister, der seine Fraktion mit eiserner Hand führte und keine Abweichungen duldete. Seine scharfzüngigen Zwischenrufe machten ihn gefürchtet, während sein scharfer Witz oft politische Gegner traf. Doch trotz seiner Härte war er auch ein Mann der Kompromisse, der über Parteigrenzen hinweg Respekt und Anerkennung fand.

Wehner war ein unbeugsamer Politiker mit Ecken und Kanten. Seine bewegte Vergangenheit verleugnete er nicht, doch er glorifizierte sie auch nicht. Mit klarer Vision, Mut und Beharrlichkeit verfolgte er seine Ziele. Sein großes Herz zeigte er nur selten. Dennoch prägte er die deutsche Geschichte maßgeblich mit.

Herbert Wehner starb am 19. Januar 1990 in Bonn, wenige Monate vor der deutschen Wiedervereinigung, die er immer angestrebt hatte. Er wurde auf dem Waldfriedhof in Berlin-Zehlendorf beigesetzt. Sein Grabstein trägt die Inschrift: „Ein Leben für die Demokratie“.

Bild: Bundesarchiv, Bild 175-Z02-00866 | CC BY-SA 3.0 Unported
Bild: Bundesarchiv, Bild 175-Z02-00866 Lizenz: CC-BY-SA 3.0

Bildquellen auf dieser Seite:

Heute ist außerdem...

Sehen Sie, was heute sonst noch los ist.

Entdecken