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17. Juni 1901 – Einführung deutsche Rechtschreibnorm

Am 17. Juni 1901 wurde in Berlin die deutsche Rechtschreibnorm erstmals als verbindliches Regelwerk für alle deutschsprachigen Staaten festgelegt.

Am 17. Juni 1901 wurde in Berlin die deutsche Rechtschreibnorm erstmals als verbindliches Regelwerk für alle deutschsprachigen Staaten festgelegt. Dies geschah auf der Orthographischen Konferenz von 1901, die auch als Zweite Orthographische Konferenz bekannt ist. Die deutsche Rechtschreibnorm von 1901 war das Ergebnis jahrzehntelanger Bestrebungen nach einer Vereinheitlichung der deutschen Orthographie, die nach der Reichsgründung im Jahr 1871 an Dringlichkeit gewonnen hatten.

Die deutsche Rechtschreibnorm von 1901 basierte zu großen Teilen auf der preußischen Schulorthographie, die 1880 von dem Germanisten Wilhelm Wilmanns für die preußischen Schulen entwickelt worden war. Sie berücksichtigte aber auch Vorschläge der Ersten Orthographischen Konferenz von 1876, die von Preußen noch nicht umgesetzt worden waren. Die deutsche Rechtschreibnorm von 1901 enthielt folgende wesentliche Neuerungen:

  • In heimischen Wörtern sollte das h nach t grundsätzlich fallen (Tal, Tür statt Thal, Thür). In Fremdwörtern wie Thron und Theater sowie germanischen Begriffen wie Thing und Thor wurde die th-Schreibung beibehalten.
  • Auslautendes ß in Wörtern auf -niß wurde zu -nis wie in Geheimnis, da diese Silbe nicht betont wird. Die bereits 20 Jahre zuvor beschlossene Änderung wurde somit bestätigt.
  • Fremdwörter sollten konsequenter in das deutsche Schriftsystem integriert werden. Dies führte jedoch nicht zu einer weitgehenden Ersetzung von c durch k oder z, sondern vielmehr konnten Tausende von Fremdwörtern auf zwei Arten geschrieben werden (z. B. Accent neben Akzent, central neben zentral, social neben sozial). In einigen Fällen waren sogar drei Schreibweisen möglich (z. B. Compagnie neben Kompagnie und Kompanie, detto neben ditto und dito, desinficieren neben desinfizieren und deſinfizieren). In einzelnen Fällen wurde eine einheitliche Schreibweise festgelegt (z. B. Redakteur statt Redacteur, Literatur statt Litteratur, Droge statt Drogue).
  • Fremdwörter auf -iren sollten einheitlich mit -ieren geschrieben werden (z. B. regieren, addieren). Dadurch wurde eine weitere, etwa 20 Jahre lang in der Schule gelehrte Änderung bestätigt.
  • Beim c in deutschen Ortsnamen war man ebenfalls nicht konsequent; einerseits einigte man sich auf Kassel statt Cassel, Köln statt Cöln und Köthen statt Cöthen, andererseits blieb man bei den Schreibweisen Coburg, Cottbus usw., obwohl auch für diese Städte eine Schreibung mit K schon recht verbreitet war.

Die deutsche Rechtschreibnorm von 1901 wurde in den deutschsprachigen Ländern (Länder des Deutschen Reiches, Österreich, Schweiz) mit geringen Änderungen einheitlich verwendet (abgesehen vom ß, das sich in der Schweiz in der Antiqua nie durchsetzen konnte und ab 1935 in Zürcher Schulen auch nicht mehr gelehrt wurde). Sie wurde auch durch den sogenannten Duden gestützt, der sich innerhalb eines Jahrzehnts zum maßgeblichen Wörterbuch der deutschen Sprache entwickelte.

Die deutsche Rechtschreibnorm von 1901 war ein Meilenstein in der Geschichte der deutschen Orthographie, da sie erstmals eine gemeinsame Grundlage für alle deutschsprachigen Staaten schuf. Sie war jedoch nicht unumstritten und wurde von verschiedenen Seiten kritisiert und reformiert.

Die deutsche Rechtschreibnorm von 1901 war nicht die letzte Reform der deutschen Orthographie. Im Jahr 1996 wurde eine gesamtdeutsche Rechtschreibreform beschlossen, die 1998 in Kraft trat und 2004 und 2006 nochmals überarbeitet wurde. Diese Reform führte zu zahlreichen Änderungen in der Schreibung von Wörtern, vor allem in den Bereichen Groß- und Kleinschreibung, Getrennt- und Zusammenschreibung, Zeichensetzung und Worttrennung.

Um die Einheitlichkeit der deutschen Rechtschreibung im deutschen Sprachraum zu bewahren und die Rechtschreibung auf der Grundlage des orthografischen Regelwerks im unerlässlichen Umfang weiterzuentwickeln, wurde im Jahr 2004 der Rat für deutsche Rechtschreibung eingerichtet. Der Rat ist ein zwischenstaatliches Gremium, das von den staatlichen Stellen der Länder Deutschlands, Österreichs, der Schweiz, Liechtensteins, Bozen-Südtirols und der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens betraut wurde. Er besteht aus 41 Mitgliedern aus sieben Ländern und Regionen, die fachlich ausgewiesene Wissenschaftler sowie Sprachpraktiker sein sollten.

Der Rat für deutsche Rechtschreibung ist die maßgebende Instanz in Fragen der deutschen Rechtschreibung und gibt mit dem amtlichen Regelwerk das Referenzwerk für die deutsche Rechtschreibung heraus. Das aktuelle amtliche Regelwerk setzt die im „Bericht des Rats für deutsche Recht­schreibung für die Periode 2011 bis 2016“ enthaltenen Änderungsvorschläge um. Die Änderungen betreffen den Regelteil wie das Wörterverzeichnis gleichermaßen.

Der Rat für deutsche Rechtschreibung beobachtet den Schreibgebrauch der deutschen Rechtschreibung, die wie alle Bereiche der Sprache einer steten Entwicklung unterworfen ist. Er berichtet regelmäßig über seine Arbeit und gibt Stellungnahmen zu verschiedenen Rechtschreibangelegenheiten ab. Er klärt auch Zweifelsfälle der deutschen Rechtschreibung und bietet einen Service für Fragen und Antworten an.

Der Rat für deutsche Rechtschreibung lehnt übrigens die Genderschrift mit Sonderzeichen ab. Diese Art zu schreiben ist inkonsistent, diskriminierend und unverständlich.

Der Rat für deutsche Rechtschreibung ist somit ein wichtiger Garant für die Bewahrung und Weiterentwicklung der deutschen Rechtschreibnorm im 21. Jahrhundert.

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