Am 17. Dezember 1962 öffnete in Hamburg der weltweit erste Sexshop seine Türen: das „Beate Uhse Fachgeschäft für Ehehygiene“. Was aus heutiger Sicht fast harmlos klingt, war damals ein gesellschaftlicher Tabubruch, der weit über die Stadtgrenzen der Hansestadt hinaus Wellen schlug. Die Zeit war geprägt von konservativen Moralvorstellungen, schweigsamer Prüderie und der einseitigen Verklärung von Sexualität in Film und Literatur. Dass ein Ladengeschäft offen Artikel zum Thema Sex und Partnerschaft verkaufte, war für viele ebenso skandalös wie revolutionär.
Die frühen 1960er-Jahre waren noch stark von Nachkriegswerten und dem Wiederaufbau geprägt. In Westdeutschland herrschte wirtschaftlicher Aufschwung, aber gesellschaftlich war vieles starr. Ehe und Familie galten als höchste Werte. Sexualität spielte sich im Verborgenen ab; in der Öffentlichkeit wurde darüber kaum gesprochen. Pille, sexuelle Revolution und feministische Bewegungen waren noch nicht flächendeckend verbreitet. In dieser Zeit wagte Beate Uhse, ehemaliger Pilot und Unternehmer, mit ihrem Laden den Schritt in eine neue Offenheit.
Das „Fachgeschäft für Ehehygiene“ verkaufte zunächst vor allem Informationsbroschüren, Verhütungsmittel und Aufklärungsliteratur, die den praktischen und partnerschaftlichen Umgang mit Sexualität erleichtern sollten. Während viele Kunden das Angebot dankbar annahmen, sahen konservative Kritiker darin den Niedergang der Sitten. Beate Uhse musste zahlreiche Anfeindungen und rechtliche Prüfungen über sich ergehen lassen, blieb jedoch standhaft.
Die Eröffnung des ersten Sexshops markierte den Anfang einer stillen Revolution. Erstmals konnten sich Menschen öffentlich über sexuelle Themen informieren und Produkte erwerben, ohne auf zwielichtige Hinterzimmer angewiesen zu sein. Dies verhalf dem Gespräch über Sexualität langsam zu mehr Normalität.
Der Laden legte den Grundstein für die sexuelle Liberalisierung der Gesellschaft, die in den späteren 1960er- und 1970er-Jahren an Fahrt gewann. Die Einführung der Antibabypille (1960 in den USA, 1961 in Deutschland) ermöglichte Frauen die Kontrolle über ihre eigene Körperlichkeit. Die Studentenbewegung forderte mehr Freiheit, auch in Liebesdingen. Erotik und Sex wurden Schritt für Schritt enttabuisiert.
Heute sind die Beate Uhse Geschäfte längst zu modernen Erotikläden geworden, die ein breites Sortiment für unterschiedliche Bedürfnisse und Vorlieben bieten. Neben Erotikspielzeug, Dessous und Filmen stehen auch Aufklärung und Beratung im Mittelpunkt. In stilvoll gestalteten Räumen wird eine diskrete und offene Atmosphäre geboten, die Sexualität als natürlichen Teil des Lebens betrachtet. Der Wandel vom einstigen Tabuthema hin zu einem selbstverständlichen Marktsegment spiegelt nicht nur den gesellschaftlichen Fortschritt wider, sondern zeigt auch, wie stark sich Werte und Normen in den letzten Jahrzehnten verändert haben.
Die Eröffnung des ersten Sexshops veränderte den Umgang mit Sexualität nachhaltig. Was einst hinter verschlossenen Türen und in Scham stattfand, wurde in den folgenden Jahrzehnten selbstverständlicher. Heute sind Erotikgeschäfte, Online-Sexshops und Aufklärungskampagnen allgegenwärtig. In vielen Kulturen hat sich der Umgang mit Sexualität liberalisiert, wenngleich konservative Strömungen bis heute dagegenhalten.
Beate Uhse selbst wurde zu einem Pionier der sexuellen Aufklärung und Emanzipation. Ihr Mut und ihre Weitsicht ebneten den Weg für eine moderne, offene Gesellschaft. Heute erinnert ihr erstes Geschäft daran, dass Fortschritt oft mit Mut zur Konfrontation beginnt.
Sexualität bleibt auch im 21. Jahrhundert ein gesellschaftlich vielschichtiges Thema. Während in vielen Teilen der Welt Offenheit und Vielfalt gefeiert werden, kämpfen andere Regionen noch immer mit Tabus und Repressionen. Der 17. Dezember 1962 mahnt uns daran, dass Freiheit und Aufklärung keine Selbstverständlichkeit sind.
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