Vor 52 Jahren, am 20. Oktober 1971, wurde Willy Brandt der Friedensnobelpreis verliehen. Der damalige Bundeskanzler erhielt die höchste Auszeichnung für seine neue Ostpolitik, die einen Weg der Entspannung und Versöhnung mit den Staaten des Warschauer Paktes eröffnete. Heute gilt Brandt als einer der bedeutendsten deutschen Staatsmänner des 20. Jahrhunderts, der die Politik in Deutschland, Europa und der Welt wesentlich mitgeprägt hat.
Brandt war der vierte Deutsche, der den Friedensnobelpreis erhielt, nach dem Gründer des Roten Kreuzes Henry Dunant (1901), dem Pazifisten Ludwig Quidde (1927) und dem ehemaligen Reichskanzler Gustav Stresemann (1926). Er war auch der erste amtierende Regierungschef, der diese Auszeichnung bekam.
Die Nachricht von der Preisvergabe wurde am 20. Oktober 1971 um 17 Uhr norwegischer Zeit bekannt gegeben. Brandt erfuhr davon bereits einige Stunden zuvor durch ein Telegramm des Nobelpreis-Komitees. Er befand sich zu diesem Zeitpunkt in einer Bundestagssitzung in Bonn, wo er sich einer heftigen Debatte über den Bundeshaushalt für das Jahr 1972 stellen musste.
Als Bundestagspräsident Kai-Uwe von Hassel die Sitzung unterbrach und die Auszeichnung verkündete, erhoben sich die Abgeordneten von SPD und FDP zu lebhaftem und anhaltendem Applaus. Auch einige Parlamentarier der CDU/CSU-Fraktion bekundeten Beifall, während die meisten sitzen blieben. Brandt stand kurz von seinem Platz auf und verneigte sich vor den Parlamentariern. Er nahm die Glückwünsche der Fraktionsvorsitzenden Herbert Wehner (SPD), Rainer Barzel (CDU/CSU) und Wolfgang Mischnick (FDP) entgegen.
In einer kurzen Dankesrede erklärte Brandt: „Dies ist eine hohe und sehr verpflichtende Auszeichnung. Ich werde alles tun, mich dieser Ehrung in meiner weiteren Arbeit würdig zu erweisen.“ Er fügte hinzu, dass er den Preis nicht nur als persönliche Anerkennung, sondern auch als Ansporn für alle verstehe, die sich für die Entspannung und Versöhnung in Europa einsetzen.
Das Nobelpreis-Komitee würdigte Brandt als „einen Mann, der mehr als jeder andere in unserer Zeit dazu beigetragen hat, das Vertrauen zwischen den Völkern zu stärken“. Brandt nahm den Preis am 10. Dezember 1971 in Oslo entgegen und hielt eine bewegende Rede, in der er sagte: „Der Friede ist nicht alles, aber ohne Frieden ist alles nichts.“
Die Ostpolitik Brandts stieß nicht nur auf Zustimmung, sondern auch auf heftigen Widerstand, sowohl im In- als auch im Ausland. Die CDU/CSU-Opposition warf Brandt vor, er betreibe eine Politik des Ausverkaufs und der Selbstaufgabe. Sie lehnte die Verträge mit Moskau und Warschau ab und versuchte, sie durch ein konstruktives Misstrauensvotum gegen Brandt zu verhindern. Dieses scheiterte jedoch am 27. April 1972 knapp an zwei Stimmen.
Auch in den USA und in einigen westeuropäischen Ländern gab es Bedenken, dass Brandts Ostpolitik die westliche Allianz schwächen und die sowjetische Dominanz in Osteuropa zementieren könnte. Diese Befürchtungen erwiesen sich jedoch als unbegründet. Die Ostpolitik Brandts trug vielmehr dazu bei, die Spannungen zwischen den Blöcken abzubauen und die Sicherheit in Europa zu erhöhen.
Der Friedensnobelpreis für Brandt ist daher nicht nur eine persönliche Ehrung, sondern auch eine Bestätigung seiner Ostpolitik als einem wichtigen Beitrag zur Friedenssicherung in der Welt. Willy Brandt starb am 8. Oktober 1992 im Alter von 78 Jahren in seinem Haus in Unkel am Rhein. Er wurde auf dem Waldfriedhof Zehlendorf in Berlin beigesetzt. Sein Grabstein trägt die Inschrift: „Unser Weg ist der Menschlichkeit.“
Willy Brandt wird heute als einer der großen Europäer und Weltbürger geehrt. Sein Vermächtnis lebt weiter in zahlreichen Stiftungen, Foren und Ausstellungen, die seinen Namen tragen. Sein Leben und Wirken sind ein Vorbild für alle, die sich für den Frieden einsetzen.

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