Die Weißwurst ist eine der bekanntesten Münchner Spezialitäten. Sie wird traditionell frühmorgens hergestellt und vormittags als Imbiss mit süßem Senf, Brezn und Weißbier verzehrt. Doch wie ist diese leckere Wurst entstanden? Und wie hat sie sich im Laufe der Zeit entwickelt?
Eine beliebte Legende besagt, dass die Weißwurst am 22. Februar 1857 im Gasthaus „Zum Ewigen Licht“ am Münchner Marienplatz erfunden wurde. Der Wirtsmetzger Joseph Moser, genannt „Moser Sepp“, soll sie aus der Not heraus kreiert haben, als ihm die Saitlinge (Schafsdärme) für die Kalbsbratwürste ausgingen. Er griff stattdessen zu Schweinedärmen, die er mit einer feinen Masse aus Kalbfleisch, Schweinerückenspeck und Gewürzen füllte. Da er befürchtete, dass die Würste beim Braten platzen könnten, brühte er sie in heißem Wasser und servierte sie seinen staunenden Gästen.
Diese Geschichte klingt zwar spannend, ist aber historisch nicht belegt. Der Münchner Stadtarchivar Richard Bauer hat herausgefunden, dass es die Weißwurst schon vor 1857 gab und sie in Wirklichkeit die Weiterentwicklung einer sehr viel älteren Maibockwurst ist. Er fand einen Stich aus dem Jahr 1814, der Münchner beim „Zuzeln“ von Weißwürsten zeigt, und einen Eintrag in einem alten Metzgerhandbuch, der besagt, dass die Weißwurst dasselbe ist wie die Maibockwurst, nur weniger scharf gewürzt und mit geringerem Schweinefleisch-Anteil. Auch in Frankreich gab es bereits im 14. Jahrhundert vergleichbare Würste, die in heißem Wasser serviert wurden und in französischen Kochbüchern „Boudin Blanc“ (Weißwurst) genannt wurden.
Die Weißwurst hat sich also im Laufe der Zeit aus verschiedenen Rezepturen und Traditionen entwickelt. Sie wurde vor allem durch Brauchtumsfeste wie das Oktoberfest oder den Münchner Fasching über die Grenzen Münchens hinaus bekannt. Heute ist sie zwischen Alpen und Donau beheimatet und ist zu einem Symbol der bayerischen Kultur und Lebensfreude geworden. Die Weißwurst wird nach strengen Qualitätskriterien hergestellt und muss mindestens 51 % Kalbfleisch enthalten. Sie wird mit Petersilie, Pfeffer, Zitronenpulver, Macis und Zwiebeln, manchmal auch mit Ingwer und Kardamom gewürzt. Sie wird in heißem, aber nicht kochendem Wasser erwärmt und mit der Hand oder dem Messer aus dem Darm gelöst.
Ein weiterer Aspekt der Weißwurst-Tradition ist die sogenannte „Zwölf-Uhr-Regel“. Sie besagt, dass die Weißwurst das Zwölf-Uhr-Läuten der Kirchenglocken nicht hören darf, das heißt, sie muss vorher verzehrt werden. Dieser Brauch geht auf die Zeit zurück, als es noch keine Kühlschränke gab und die Weißwurst schnell verderben konnte. Da sie frühmorgens hergestellt wurde, musste sie rasch gegessen werden, um eine Lebensmittelvergiftung zu vermeiden. Heute ist diese Regel natürlich nicht mehr so streng zu befolgen, da die Weißwurst gekühlt gelagert werden kann und auch abends angeboten wird. Dennoch halten viele Bayern an dieser Tradition fest und genießen ihre Weißwurst nur vormittags als deftigen Imbiss.
Übrigens: Wenn Sie in einem bayerischen Wirtshaus Weißwürste bestellen, bedenken Sie, dass man die Weißwurst nicht wie die meisten anderen paarweise bestellt, sondern stückweise. Der Grund dafür ist angeblich, dass man meist drei Weißwürste zu einer Mahlzeit isst und daher auch stückweise bestellt. Wenn Sie also „Ein Paar Weißwürste“ bestellen, outen Sie sich automatisch als „Preiß“.

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- Roald-Amundsen-Gemeinfrei: Gemeinfrei | Gemeinfrei
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