Der Welttag der Anästhesie (World Anesthesia Day) erinnert jedes Jahr am 16. Oktober an einen der bedeutendsten medizinischen Fortschritte der Neuzeit. An diesem Tag im Jahr 1846 führte der Zahnarzt William Thomas Green Morton im Massachusetts General Hospital in Boston erstmals öffentlich eine Narkose mit Schwefeläther durch. Der Patient, der an einem Tumor im Kiefer operiert wurde, spürte keinerlei Schmerzen. Diese Demonstration markierte den Beginn der modernen Anästhesie und veränderte die Medizin grundlegend.

Vor der Entdeckung der Narkose waren Operationen für Patienten eine Qual, die häufig nur mit Alkohol, Opium oder physischen Fesselungen durchgeführt wurden. Chirurgen mussten schnell arbeiten, um das Leiden zu verkürzen, was oft zu groben Eingriffen und hohen Sterberaten führte. Erst mit der kontrollierten Schmerzfreiheit konnten Eingriffe präziser, sicherer und länger durchgeführt werden. Die Anästhesie öffnete damit den Weg für komplexe Operationen im Bauchraum, am Herzen oder am Gehirn.

Im Laufe der Jahrzehnte entwickelte sich die Anästhesie zu einem eigenständigen Fachgebiet. Heute umfasst sie nicht nur die Narkose im Operationssaal, sondern auch die Schmerztherapie, die Intensivmedizin und die Notfallversorgung. Moderne Anästhetika sind präzise steuerbar, ihre Wirkung lässt sich auf Alter, Gewicht und Gesundheitszustand jedes Patienten abstimmen. Auch die Überwachung während der Operation hat sich stark verbessert; Herzfrequenz, Sauerstoffsättigung, Blutdruck und Atemgase werden kontinuierlich kontrolliert, um höchste Sicherheit zu gewährleisten.

In Deutschland arbeiten nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin rund 25.000 Fachärzte in diesem Bereich. Sie betreuen jährlich Millionen von Narkosen, von ambulanten Eingriffen bis zu komplexen Operationen in Kliniken. Dank ihrer Arbeit ist das Risiko einer Narkose heute extrem gering; schwere Komplikationen treten nur in etwa einem von 100.000 Fällen auf.

Der Welttag der Anästhesie würdigt damit nicht nur die historische Pionierleistung von 1846, sondern auch den Beitrag all jener, die täglich dafür sorgen, dass Menschen schmerzfrei und sicher operiert werden können. Er erinnert zugleich daran, dass der Zugang zu sicherer Anästhesie in vielen Teilen der Welt noch immer nicht selbstverständlich ist. Laut Weltgesundheitsorganisation fehlt in mehr als 70 Ländern ein ausreichendes Angebot an Anästhesisten und Medikamenten. Der Tag mahnt daher auch zu globaler Verantwortung und zu einer besseren Ausstattung der Gesundheitssysteme, damit Schmerzfreiheit kein Privileg bleibt, sondern ein Recht für alle Menschen.